Basak Schweiz | Alles blüht
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Alles blüht

Endlich scheint auch in Istanbul endgültig der Frühling eingekehrt zu sein. Nachdem der März und Anfang April ziemlich wechselhaft waren, geniessen wir jetzt die Sonne umso mehr. Denn nicht nur die Pflanzen, sondern auch die Menschen erwachen und erblühen.

 

Bevor ich von den neuen Abenteuern aus und rund um Basak berichte, möchte ich einen kurzen Einblick in die türkische Sprache geben. Türkisch ist so anders als sämtliche westeuropäische Sprachen wie Französisch, Deutsch, Englisch oder Spanisch. Das absolut wichtigste in dieser Sprache ist die so genannte Vokalharmonie. Im Türkischen gibt es 8 Vokale. Neben den fünf Vokalen die wir in der deutschen Sprache haben, (a, e, i, o, u) zählen die Türken außerdem noch ö, ü und ı zu den Vokalen. Pärchenweise gehören diejenigen zusammen, die sich vom Klang her ähneln. Das sind folgende: a+ı, e+i, o+ö, u+ü. Je nachdem welcher Vokal der letzte im Wort ist, bestimmt dieser, welcher Vokal in der anzuhängenden Silbe vorkommt. Nachdem man im Türkischen (fast) alles mit einem Wort ausdrücken kann, da diverse Zeitangaben, Ortsangaben, Pronomen, Richtungsangaben …in ein Wort gestopft werden, kann das schon ein ziemliches mathematisches Puzzle werden. Hier ein kurzes Beispiel: yap – ıyor – um (= ich mache) – yapmak = machen (Infinitiv) – ıyor ist die Zeitform (Gegenwart) – um steht für das Pronomen, in diesem Fall für ich. I kommt, weil vorher a der letzte Vokal ist. Das u entsteht aufgrund des vorhergehenden o. Ganz schön durchdacht, diese Sprache! Diese Vokalharmonie lässt die Sprache sehr melodisch klingen, allerdings ist es auch manchmal heimtückisch, da sich vieles ähnlich anhört. Nichts desto trotz ist es eine wunderschöne Sprache, wenn auch nicht ganz so einfach zu erlernen.

 

Es sind schon einige Wochen vergangen, seit auch die anderen Freiwilligen bei Basak gelandet sind. Mittlerweile hat schon jede/jeder von uns Zeit gehabt, die Angebote der Stiftung kennen zu lernen und sich Ideen zu überlegen. Yann und Isabell haben sich im künstlerischen Bereich einiges überlegt. Sie haben ihr Projekt „Benim Dünyam“ = „Meine Welt“ betitelt und bereisen mit den Kindern bastelnd die ganze Welt. Anhand verschiedenster Bastelarbeiten werden die Kinder die Einzigartigkeiten dieser Länder und Kontinente entdecken. Eleni hat sich im technisch – künstlerischem Bereich angesiedelt. Ihr Ziel ist es, einen Dokumentationsfilm über die Arbeit von Basak, das Leben der Menschen in Kayisdagi, über die kurdische Kultur,… zu machen. Dies ist auch der Grund, warum sie und ihre Kamera oft unzertrennlich erscheinen. Fabio und ich haben auch ein Team gebildet. Gemeinsam geben wir Englisch – Unterricht, kochen samstags mittags in der Einrichtung und fahren von Mittwoch bis Freitag täglich nach Sultanbeyli, um dort eine Feldstudie durchzuführen. Sultanbeyli ist ca. eine Stunde von Kayisdagi entfernt und einer der ärmsten Bezirke, der am äussersten Stadtrand von Istanbul angesiedelt ist. Unsere Zielgruppe für die Feldstudie sind Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren. Neben den obligatorischen personenbezogenen Fragen und Informationen über die Familie und die ökonomische Situation möchten wir vor allem ihre Wünsche, Ideen und Erwartungen im Hinblick auf die Zukunft herausfinden und auch ihre Einstellungen zu Bildung, Arbeit, Rollenbildern und Religion. Da unsere Türkischkenntnisse leider noch nicht ausreichen, um qualitative Interviews zu führen, haben wir uns dazu entschlossen, eine quantitative Studie zu machen. Fragen überlegen und wieder verwerfen, mögliche Antworten überlegen, überdenken, umformulieren – damit verbrachten wir in den letzten Wochen viele Stunden. Jetzt ist unser 8-seitiger Fragebogen fertig, bereits mit Hilfe von Büsra (einer Psychologiestudentin) auf Türkisch übersetzt und wir haben auch schon die ersten Interviews durchgeführt.
Vor allem der erste Tag, an dem wir nach Sultanbeyli gefahren sind, war sehr aufregend.

 

Wie werden uns die Leute annehmen?

 

Werden wir überhaupt Leute finden, die sich für ein Interview bereit erklären?

 

Werden uns die Jugendlichen auslachen, weil unser Türkisch nicht fliessend ist?

 

Diese und ähnliche Fragen stellten wir uns. Wir waren allerdings zuversichtlich und ausserdem hatte Basak in diesem Bezirk durch vorhergehende Projekte bereits Kontaktpersonen, die uns vor allem in den ersten Tagen behilflich waren. Unsere Befürchtungen stellten sich bisher auch als unbegründet dar, sind die Leute doch sehr neugierig, was wir yabancilar (=Fremde) in dieser Gegend machen. Bisher sind wir sehr zufrieden mit dem Voranschreiten der Studie. Wie es uns weiterhin mit den Interviews, dem Zusammenleben und dem Leben in Kayisdagi allgemein geht, davon gibt’s dann mehr im nächsten Bericht.